21 November 2006

emsdetten

Nach den Berichten über den Amoklauf eines Schülers an einer Realschule in Emsdetten werden die Rufe nach dem Verbot von gewaltverherrlichenden Computerspielen wieder einmal lauter. Gern möchte man in diesen Chor einstimmen, in der Hoffnung, dass dann alles in Ordnung ist, aber kann man die Sache wirklich so einfach sehen?
Natürlich werden auch jetzt wieder Katastrophenpläne geschmiedet, Arbeitsgruppen gegründet, Medienfachleute, Psychologen bemüht, um Derartiges in Zukunft zu verhindern. Aber wo sind diese Pläneschmiedemeister eigentlich, wenn ein paar Wochen ins Land gezogen sind? Der Medienzirkus muss weiter gehen, Zeit für eine umfassende Beschäftigung mit dem Thema Gewalt an Schulen ist jedenfalls in den Medien nicht vorhanden. Wir hetzen von einer Sensation in die Andere und merken es in den meisten Fällen noch nicht einmal. Katastrophenroutine. Gewalt auf allen Kanälen. - Nein, nicht gemeint sind die lächerlichen Krimis aus deutscher Produktion, in denen immer die Kinder besonders betuchter Eltern die armen Täter und Opfer sind. In denen es chromblitzend zu geht, die heile Welt der "Tatorte", in dem immer der Böse verliert und das Gute siegt.- Unterbrochen wird die Katastrophenroutine hin und wieder von solchen spektakulären Ereignissen wie jetzt in Emsdetten.
Ein interessantes Statement eines Traumaforschers im Nachtmagazin heute morgen. Ganz klar formuliert und auf Nachfrage präzisiert: Ja, es liegt auch mit an den Eltern. Und zum Abschluss: Wir brauchen intakte Familien, stabile Lebenszusammenhänge, nur so ist solchen Dingen beizukommen. Mag sein, das man so etwas nur des Nachts sagen kann, wenn der Mehrzahl der bundesdeutschen Schlafmützen ihre Decke auf den Kopf gefallen ist, für mich ist es eine spannende Frage, wohin sich die Diskussion diesmal entwickelt.
Ich glaube, dass neben dem Versuch, die Eltern wieder mehr für die Interessen ihrer Kinder zu interessieren, auch eine künstlerische Arbeit, Musik, bildende Kunst, engagiert von fähigen Menschen in den Schulen angeboten, die Sache zum Besseren wenden kann. Dass eine Medienarbeit gebraucht wird, die sich mit den Problemen der jungen Menschen auseinandersetzt und die Hintergründe beleuchtet und verständlich macht. Theaterprojekte, die von Jugendlichen selbst entwickelt und umgesetzt werden. Schülerzeitungsarbeit, die über den Schulhof hinausreicht in das Leben der Schüler und in ihre Sorgen und Probleme. Wir, die Älteren, müssen es möglich machen, wir können es! Wer sollte es sonst tun? Das Geschrei nach dem Verbot von Killerspielen wird in einigen Tagen vorbei sein, die Probleme werden bleiben, wenn wir nicht mal wirklich darüber reden.

16 November 2006

die welt ist gefährlicher als wir glauben

"Die NPD ist nicht so gefährlich, wie alle glauben." Schreibt heute die Welt. In der Tat, diese paar Hanseln, also die Mitglieder dieser Partei, sind auch nicht die Gefahr. Trotzdem, der Spruch ist lustig: "Reicht es nicht, dass Journalisten und Kriminalbeamte auf Parteitagen der NPD Wache halten?"
Aber was ist mit dem Gedankengut? Oder sollte man besser Gedankenschlecht sagen? Wie lange wird es noch dauern, bis von rechten Gewalttaten gegen Ausländer und jüdische Gedenkstätten überhaupt niemand mehr Notiz nimmt? Bis der alltägliche Rassismus auch im letzten Winkel angekommen ist?
Diesen netten jungen Leute, die sagen, was habe ich noch mit diesem ganzen Nazi-Kram zu tun, sind die unsere Zukunft? Es stimmt, die ewig Gestrigen sind nicht mehr die alten Landser, die immer noch mit Tränen in den Augen davon schwärmen, wie schön es doch eigentlich war. Es sind deren Enkel, die mit nicht minder glänzenden Augen zuhören und sich ihren Teil denken. Zucht und Ordnung sind wieder angekommen in Deutschland. Was wollen wir eigentlich, es geht doch aufwärts. Das kann man allenthalben lesen. Nur mit der Vernunft gehts leider immer weiter bergab.
"Die Partei ist auch nicht drauf und dran, den von ihr ausgerufenen "Kampf um die Straße" zu gewinnen. Denn dieser Kampf wird im Saal, vor den Verwaltungsgerichten ausgefochten - und er kulminiert in disziplinierten Aufmärschen, die friedlich verlaufen, wie der Verfassungsschutz berichtet. Wo also liegt das Problem?"
Fragt die Welt.
Soso, der Kampf kulminiert in friedlichen Aufmärschen. Allein das Wort lässt mich schon erschauern. Aber ich bin auch etwas empfindlich. Ein Aufmarsch hat für mich immer etwas Martialisches. Vielleicht sogar Bedrohendes. Wenn die Aufmärsche dann noch friedlich sind, erinnern sie mich gleich irgendwie an einen Reichsparteitag. Das waren auch ganz friedliche Aufmärsche. Es hat sogar kaum einer gelacht, damals. Ausser ein paar ewig Gestrigen. Und die haben ja ihre Quittung bekommen. Eines Tages werde ich vielleicht in irgendeiner deutschen Zeitung lesen: "Naja, die sind wenigstens der Rentenkasse nicht mehr zur Last gefallen". Makaber? Mindestens so makaber wie die Diskussion um das NPD-Verbot. Wir können noch so sehr über das Denken der neuen Nazis lamentieren, verbieten können wir es nicht. Wir können auch alles Mögliche gebrauchen, aber rechtsextreme Märtyrer sind wohl das Allerletzte, was uns zu unserem Glück noch fehlt. Falls nach diesen Worten jemand glaubt, ich wäre für ein NPD Verbot, ich bin dagegen. Ich bin allerdings dafür, dass die Journalisten und Kriminalbeamten auf die Strasse gehen und da mal nach den Rechten sehen, statt sich auf NPD-Parteitagen den Hintern platt zu sitzen und "Wache" zu halten.

12 November 2006

christengemeinschaft

Über das Leben von Friedrich Benesch erfahren wir des öfteren von Michael Eggert (www.egoisten.de). Es geht um einen der alten großen Männer einer Bewegung, die das Ziel der religiösen Erneuerung in ihrem Namen trägt. Glaubt man diesem Bericht - und nichts scheint dagegen zu sprechen, es zu tun - öffnen sich Abgründe. Einigermaßen fassungslos steht man diesen Erscheinungen gegenüber. Moral wird plötzlich zu einem hohlen Begriff. Benesch und Hitler in einem Atemzug, es ist nicht nur ein Hauch, es ist eine Windhose, die den Leser schwindeln lässt. Nein, es sind keine Erscheinungen, es sind Tatsachen. Offensichtlich. Und nicht nur ein bisschen Hitler, sondern das Böse in seiner ganzen Destruktivität manifestiert sich in dem Satz Beneschs, seine Tätigkeit in der Kirche habe an der "durch eigene Erkenntnis und Erfahrung und eigenen Glauben gewonnenen nationalsozialistischen Weltanschauung nicht das Geringste geändert“.
Wo sind die Belege für eine durch eigene Erkenntnis und eigenen Glauben gewonnene Weltanschauung des freien Menschen, der Friedrich Benesch nach Auffassung vieler Mitglieder der Christengemeinschaft war? Wird sich die "Zwiebel" Benesch häuten? Wie man hört, arbeitet Hans-Werner Schröder an einer Benesch-Biographie. Man wird sehen.

damals in antroposofis

Es war einmal vor langer Zeit, da lebten in Antroposofien viele Menschen, die hatten ein Ziel, sie wollten an sich arbeiten, um die Welt dadrurch ein bisschen weiter zu bringen und um einen Weg zu finden, eine Verbindung zwischen der Welt hier unter auf der Erde und der geistigen Welt, die sie oben in den Himmeln vermuteten. Als sie so eine Weile geforscht und auch allerlei herausgefunden hatten, begann die Welt zusammenzuwachsen und Menschen aller Herren und Damen Länder begannen miteinander zu kommunizeren und nutzten dazu Mittel, die man in Antroposofien noch nicht so recht kannte und die man nicht so gern nutzte, weil man der Elektrizität von je her ein gewisses Misstrauen entgegen brachte. Aber die Jungen, die die immer aufbrechen, um Neues zu erleben und in die Welt zu tragen, hatten keine Angst. Sie trauten sich an diese Dinge heran und begannen ebenfalls, zusammen zu wachsen und sich in Zusammenhängen zu tummeln, die schienen, als seien sie nur für sie gemacht. Dort pflegten Sie einen regen Austausch und so entstand eine Community (so wird es genannt), die plötzlich die Grenzen von Anthroposofien in Frage stellte und sich in der Welt umschaute, was es da wohl noch so alles gäbe. Und da gab es viel! Ein Füllhorn von Informationen, Ansichten und Meinungen ergoss sich über die, die mit der Hilfe ihrer Internetanschlüsse plötzlich alle Mauern sprengten und die Welt mit ganz anderen Augen sahen.
Die Alten aus Anthroposofien sahen dem Treiben fassungslos zu und verstanden ihre kleine Welt nicht mehr. So groß war sie doch immer gewesen und jetzt sollte das plötzlich alles nicht mehr wahr sein? In ihrer Verzweiflung schlossen sie sich immer mehr zusammen und so erweckten so den Eindruck einer verschworenen Gemeinschaft, die nichts an sich heranzulassen schien, was nicht in dieses Antroposofien zu passen schien. Aber die Zeit bleibt nicht stehen und so begannen auch die Alten sich langsam umzustellen, sie kauften sich auch diese grauen Kästen, mit denen man, ohne sie in den Briefkasten stecken zu müssen, Post verschicken kann und in Windeseile so mit der ganzen Welt ein einen Austausch kommen kann. Jau, war das eine Freude für die Alten, sich plötzlich auch im Netz zappeln zu sehen und mit den Jungen zu streiten nach Herzenslust. Den Jungen aber blieb die Spucke weg. Was, die Alten auch solche Zeiber-Punks? Nein, das durfte nicht sein. Da muss man doch gleich etwas unternehmen. Und so kommt es, dass die lieben Kleinen, die inzwischen auch schon groß sind, immer noch so tun, als sei die Welt an dem Tag stehen geblieben, als sie sich einen Computer kauften. Was bedeutet, dass sie sich für die Entdecker der Welt halten. Die ganz Alten, die Weisen aber, die blicken milde lächelnd auf dieses Treiben und sagen: "macht ruhig, ihr werdet schon sehen, was ihr davon habt." Das ist doch irgendwie ein ganz schön weiser Spruch. Oder?