25 Dezember 2006

frohe weihnachtszeit!

Kennen Sie Google-Earth? Natürlich, denn auch Sie nutzen hin und wieder dieses Programm, wenn Sie im Internet surfen. "Guck mal da, das gibts ja nicht, das Haus von Tante Else, und so scharf, das ist ja kaum vorstellbar..." So oder so ähnlich werden sicher einige Kommentare lauten. Dahin sind wir also gekommen. Wir freuen uns über die Totalüberwachung unseres Lebensraumes und unserer privaten Umgebung. "Haben Sie eine Payback-Karte?" "Aber natürlich!" Mitleidige Blicke, wenn Sie sagen: "Nein. Wozu?" Sehen Sie jemanden auf dem Bahnsteig rauchen, obwohl das Rauchen dort verboten ist, geht ihr Blick ganz verstohlen zur Überwachungskamera und innerlich reiben Sie sich die Hände. Ha-Ha-Ha. Erwischt. Auf der Autobahn alle paar Kilometer Erfassungsgeräte für Maut-Kontrollzwecke. Seien Sie ehrlich, sehen sie die überhaupt noch? Die Hersteller von Sicherheits-, Kontroll- und Überwachungstechnik haben volle Auftragsbücher, der Terrorist schläft nicht und auf leisen Sohlen schleichen die Ganoven um unsere Hütten und Paläste. Wie lange wird es dauern, bis wir uns an RFID gewöhnt haben? Wenn ihnen jemand erzählt, in Ihrer Grillkohle sind kleine Chips, die erkennen, wenn die Kohle abgebrannt ist und Sie diskret über Ihr Handy darauf hinweisen, dass Sie nachlegen müssen, lachen Sie ihn aus. Natürlich ist das ein Witz. Aber die Vorstellung, sie kommen im Kaufhaus mit dem RFID-Chip in der Verpackung ihrer eben gekauften Grillkohle in die Nähe der Fleischabteilung und die Werbung für den Grillabend beginnt loszuplärren, ist doch irgendwie erheiternd, oder?
Nun, wir beruhigen uns und sagen uns, soweit sind wir noch lange nicht. Schließlich sind wir freie Menschen und wir entscheiden selbst, was wir kaufen, wo wir es kaufen oder ob wir es kaufen. Stimmt. Wir sind freie Menschen, gefangen in einer Spirale, die sich unaufhörlich nach oben schraubt und die den Ausstieg fast nicht mehr möglich macht. Die Begehrlichkeiten einer alles beherrschenden Industrie sind nicht zu bremsen und umschwärmen uns, die ach so freien Menschen mit ihren Angeboten für eine schönere und bessere Welt. Damit wir das alles ertragen können, haben wir Initiativen ins Leben gerufen, die unser Gewissen beruhigen und die ganze Sache erträglich machen. Diese Inititiativen heißen Brot für die Welt, Amnesty und Misereor. Reporter ohne Grenzen, Food-Watch und Aktion-Mensch. Spätestens an dieser Stelle werden Sie sich sagen, was soll der blöde Quatsch, den der Kerl da schreibt, soll doch bei sich selber anfangen, bevor er uns hier Vorschriften macht. Eben. Und wenn Sie sich zu Ende geärgert haben, dass ich Ihre Zeit gestohlen habe, lesen Sie doch einfach noch einmal, was ich geschrieben habe und dann sagen Sie mir, an welcher Stelle ich Ihnen Vorschriften gemacht habe. Manchmal ist es gut, eine zweite Meinung einzuholen. Versuchen Sie es mal mit Ihrer.

04 Dezember 2006

antiamerikanisch?

Sind die Grünen noch zu retten? Ich will diese Frage gleich selbst beantworten. Ja. Das Leben einer Oppositionspartei ist nicht leicht. Von 100 auf O heruntergebremst zu werden von einer gnadenlosen Medienindustrie, von Journalisten, die es schon immer gewusst haben und nicht zuletzt durch ihre eigene Verbohrtheit und ihre eigene Lust am Untergang, macht das diese Partei nicht auch schon wieder liebenswert? Ich finde schon. Wo ständen wir heute umweltpolitisch, wenn es die Grünen nicht gegeben hätte? Ein Korrektiv waren die Grünen auf jeden Fall, und das ist ihr Verdienst, das nicht hoch genug bewertet werden kann.
Die Opposition birgt immer Chancen auf eine Neuprofilierung und die Grünen sind gut beraten, wenn sie diese Chance ergreifen. Schwarz-Grün? Und wenn? Wäre es nicht gut, den Herren mit den weißen Kragen, Politikern wie Missfelder und Co. mal so ordentlich auf den Zahn zu fühlen, mehr noch, ihnen den einen oder anderen Zahn sogar zu ziehen? Dass die SPD, allen voran der ehemalige Pop-Beauftragte und jetzige Umweltminister Gabriel, den Grünen vorwirft, sie hätten nicht genug für die Umwelt getan, ist einleuchtend, was soll er sonst sagen zur Opposition. Trotzdem. Heute, wo alle himmelhochjauchzend, weil es aufwärts geht, die Media-Märkte stürmen und kaufen, als gäbe es morgen nichts mehr, von einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 130 auf Autobahnen zu reden, finde ich mutig. Sogar ziemlich modern. Manche Sachen könnten wir den Amerikanern eigentlich nachmachen. Ich würde sogar den Anglizismus Tempolimit in Kauf nehmen. Immerhin wissen Sie jetzt, warum ich den Beitrag mit : "Antiamerikanismus?" überschrieben habe.