14 Mai 2008

die kotztüte der woche...

gebührt heute einmal dem Kläffer "NWA". Nämlich für die Auffassung, die ein Freund neulich im Gespräch als "Wadenbeißen" titulierte: Im Zusammenhang mit der Frage der Finanzierung von Schulen in freier Trägerschaft stehen nach Ansicht des investigativen Spezial-Bloggers mit seinen kruden Ansichten die Anthroposophen: "stets vor dem grundsätzlichen Problem, eine antidemokratische, esoterisch-fundamentalistische Weltauffassung als freiheitskompatibel und mehrheitsfähig anzupreisen. Aufrichtigkeit ist daher wenig „konstruktiv“, Argumente sind kaum zweckdienlich. Tarnung und Täuschung, Lüge und Verleumdung bilden vom verblichenen Rudolf Steiner bis zu seinen Gralshütern unserer Tage das Lebenselixier der anthroposophischen Organisation in all ihren Verzweigungen. Das gilt es im Auge zu behalten, wenn demnächst wieder irgendwo von engagierten „Eltern“ zu hören ist, die eine „freie Schulwahl“ fordern." Wow!!
Diesem "Super-Demokraten" scheint es irgendwie nicht aufzugehen, dass es Menschen gibt, die das tun, was er doch eigentlich immer einfordert, nämlich genau das, was sie für richtig halten. Insofern erinnert er ein bisschen an den Autofahrer, der nach der Warnung vor dem Geisterfahrer erschreckt bemerkt: Einer??? Für NWA deshalb an dieser Stelle die Kotztüte der Woche.

08 Mai 2008

Die Kameraden vom Collegium

Das Verbot des unsäglichen Vereins Collegium Humanum war überfällig. Jetzt hat man den "Reichstreuen Kameraden" endlich und hoffentlich den Garaus gemacht. Natürlich ist es fraglich, ob Nazi-Fossilien wie die Witwe Haverbeck oder Gestalten wie Horst Mahler und andere tatsächlich den Think-Tank der diversen nationalsozialistischen Gruselkabinette bildeten, ausgeschlossen ist es bei einer derartig rückwärtsgewandten Bewegung nicht. Ist damit die Gefahr gebannt? Oder steigert es die Aktivitäten eines Andreas Molau und in dessen Gefolge die Aktivitäten der verschiedenen Lichtgestalten der Neo-Nazis? Wir werden sehen. Dem Herrn Schäuble jedenfalls sei es gedankt, dass er einmal - im Gegensatz zu seinen sonstigen Gepflogenheiten - eine Entscheidung getroffen hat, die wirklich breite Zustimmung ausgelöst hat. Zum Märtyrer eignen sich die Damen und Herrn vom Collegium Humanum übrigens nicht, auch wenn es jetzt vielleicht in rechten Kreisen ein großes Lamento geben wird. Die Online-Ausgabe der "Junge Freiheit", ein Blatt, dass immer besonders aktuell bei der Berichterstattung über eher linksgewirkte Begebenheiten und Ähnliches ist und die, wenn ich das recht erinnere, auch vor einiger Zeit darüber berichtet hat, dass der Verein "Collegium Humanum" nach wie vor gemeinützig sei, hält es dagegen scheinbar nicht für nötig, ihre Klientel über das Verbot des Vereins zu informieren. Keine Freude über positive Entwicklungen im Lande?

02 Mai 2008

feierabend

Feierabend, sagte er , als er seinen Computer ausschaltete, seine Aktentasche unter den Arm klemmte und eiligen Schrittes zum Aufzug strebte. Er holte noch einmal tief Luft und dann passierte es. Er kotzte in den Aufzug. Einfach so, ohne Vorwarnung, ohne Ankündigung. Sein Mageninhalt ergoss sich über den blauen Teppich und er blickte erschrocken sein Spiegelbild an, denn die Wände des Aufzugs bestanden aus Spiegeln. Glücklicherweise waren nur noch fünf bis sechs Kollegen im Aufzug. Die taten das, was sie immer taten, wenn sie im Aufzug standen, sie sahen einfach nicht hin.
Einmal war vor ihren Augen eine Frau zusammengesunken und ca. drei Tage später vom Reinigungspersonal entdeckt worden. Natürlich tot. In ihrem Büro wurde sie erst acht Wochen später vermisst, und das auch nur, weil sie Geburtstag hatte. Fünfundzwanzig Kollegen hatten sich an ihrem Schreibtisch eingefunden aber sie war nicht da. Die Kollegen hatten dann auch Feierabend gemacht und so hatte dieser Tag für alle doch noch einen glücklichen Ausgang. Als er denselben erreichte musste er auf dem Bürgersteig vor dem Bürogebäude erst einmal tief Luft holen bevor er in den Bus einstieg, der ausnahmsweise mal pünktlich gekommen war. Der Bus war schon rappelvoll mit Kindern, die vom Nachmittagsunterricht aus der Schule kamen. Der Lärm war ihm seit langem zuwider. Er holte einen kurzen, kräftigen Knüppel aus der Tasche und schlug dem Erstbesten in seiner Nähe stehenden Kind eins über den Schädel. Daraufhin verebbte der Lärm etwas, der Busfahrer sah erstaunt in den Rückspiegel, aber er konnte nichts Aussergewöhnliches entdecken und so raste er weiter mit ca. 90 Sachen durch die Fussgängerzone.
Der Bus schaukelte jetzt ziemlich heftig und er hatte das Gefühl, sich schon wieder übergeben zu müssen. Er ließ es aber bleiben, denn der Busfahrer hatte seit seiner letzten Aktion ein scharfes Auge auf ihn geworfen. Da war es ihm nämlich gelungen einen Zwölfjährigen aus dem Fenster zu werfen, nachdem er mit dem kleinen Nothämmerchen die Scheibe eingeschlagen hatte. Der Busfahrer hatte ihm das etwas übel genommen, vor allem deshalb, weil es sein eigener Sohn war, aber da es nach Feierabend passiert war, kümmerte er sich nicht weiter darum. Er erzählte es zwar seiner Frau, aber die hatte in diesem Moment auch nicht die Zeit und schon garnicht den Nerv, sich mit solchen Sachen zu beschäftigen. Mit quietschenden Bremsen hielt der Bus mitten in einer Kurve auf der gegenüberliegenden Strassenseite, an. Da es einer von diesen neuartigen Neigebussen war, die auch für Rollstuhlfahrer geeignet waren, purzelten die Fahrgäste der Reihe nach auf die Strasse und so wurde der Bus in Sekundenschnelle leer.

Auch der Busfahrer freute sich auf seinen Feierabend. Was für ein Wort: Feierabend. Irgendwann hatte er heraus gefunden, dass es eine Abkürzung war, wenn er einfach quer durch die Fußgängerzone bretterte. Man hatte ihn zwar schon mehrere Male deswegen verwarnt, aber seit einigen Monaten war man wohl zu der Überzeugung gekommen, das es keinen Zweck hatte. Seinem Chef war es sowieso egal, weil der nie mit einem Bus fuhr, er hatte einen Dienstwagen, einen Mercedes 500 mit Schiebedach und Alufelgen, und wer so ein Auto fährt, der hat meist auch ein gutes Gehalt und wer so ein gutes Gehalt hat, hat meistens auch keine Lust, sich um die banalen Vorkommnisse in seinem Tätigkeitsbereich zu kümmern.
Inzwischen war er im Depot angekommen, ließ die Luft aus den Reifen des Busses, damit ihn niemand klauen konnte, das war Vorschrift, atmete noch einmal tief durch und verliess das Busdepot, ohne sich noch mal umzusehen. Er rutschte auf dem Bürgersteig auf einer Bananenschale aus und erreichte so liegenderweise seine Wohnung draussen vor der Stadt. Er hätte auch mit dem Bus fahren können aber er ging gern zu Fuss. Manchmal kroch er auch auf allen Vieren, aber meistens nur dann wenn er soviel getrunken hatte, das er seinen Bus gar nicht erst ins Depot gefahren hatte sondern in der Nähe der letzten Haltestelle auf einem Behindertenparkplatz stehengelassen hatte. Bis vor einigen Jahren hatte er dann morgens einen neuen Bus genommen aber wegen der Sparmassnahmen im öffentlichen Nahverkehr hatte man ihm das irgendwann verwehrt, vielleicht waren aber auch keine Busse mehr da. Seinen Feierabend liess er sich jedenfalls durch solche Sachen nicht vermiesen. Er küsste seine Frau noch mal auf den Mund und legte sich dann schlafen. Manchmal wunderte er sich über sich selbst, das er noch so gut schlief aber dann kam er darauf, das er ja nur einmal im Jahr fernsah und zwar im Urlaub und da wurde ihm klar, warum er doch noch immer gut schlafen konnte. Vor einigen Monaten hatte er sich einen Beamer für sein Ferienhaus gekauft, er konnte jetzt seine Bilder an die Wand werfen und hatte im Urlaub einen besseren Blick auf die Katastrophen der Welt. Manchmal hatte er auch Freunde zum Gucken eingeladen aber die hatten sich mehr für andere Sachen interessiert und sahen meistens nur auf seine Frau, die mit einer Turnhose bekleidet, nebenan in der Küche versuchte den Brotbackautomaten zu reparieren. Der war schon sehr lange kaputt und er hatte eigentlich versprochen, ihn zum Händler zurückzubringen aber Karstadt war schon seit drei oder vier Jahren in Konkurs gegangen. Er hätte den Brotbackautomaten direkt zum Hersteller zurückbringen müssen und dessen Serviceannahmezentrale war irgendwo in Japan und zwar noch nicht einmal in Tokio, was ja noch gegangen wäre.
Nach einiger Zeit waren die Freunde aber auch gegangen, weil der Anblick einer nur mit einer Turnhose bekleideten, brotbackautomatenreparierenden Frau nicht so interessant war. Er hatte dann dem Hausmeister seiner Wohnanlage, den er nicht leiden konnte, den Brotbackautomaten in die Badewanne geworfen, in dem dieser lag, aber da das Gerät nicht eingesteckt war, überlebte der Hausmeister es und konnte sein Unwesen im Haus weiter treiben.

Dieser Hausmeister musste wohl in einem seiner früheren Leben einmal Blockwart gewesen sein, denn wenn Wahl war, und das war alle paar Jahre, wählte er immer noch die NSDAP obwohl es diese Partei schon seit Jahren nicht mehr gab. Was ihn aber nicht weiter störte. Er hatte sich einen Stempel mit NSDAP darauf machen lassen, benutzte ein braunes Stempelkissen und immer wenn er in der Wahlkabine war, stempelte er seine Partei unten auf den Wahlzettel und machte mit dickem roten Filzstift sein Kreuz dahinter. Dann steckte er den Wahlzettel in seine Kitteltasche und nahm ihn mit nach Hause. Das machte er jetzt schon etliche Jahre und bisher war es niemandem aufgefallen. Den verbeulten Brotbackautomaten, den ihm der Busfahrer, den er nur flüchtig kannte, in seine Wanne geworfen hatte, entsorgte er, indem er ihn in den gelben Sack steckte, der aber dann vom Konsumbeauftragten der Wohnanlage als Beweismittel konfisziert wurde und seitdem in irgendeinem Büro der Hausverwaltung herumlag. Es war aber eigentlich egal, weil er sowieso nicht mehr ging und die Bediensteten der Hausverwaltung mittags kein Brot, sondern Hamburger aßen. Der Hausmeister und seine politischen Ambitionen war für sie ohnehin kein Thema, weil sie davon nichts wussten. Einmal hatte einer so einen Wahlzettel im Papierkorb gefunden und alle hatten darüber gelacht. Auch der Hausmeister war dabei und so fiel es nicht auf, dass der den Zettel in den Mund steckte und herunterschluckte. Man feierte gerade den Geburtstag eines Kollegen und so konnte er kräftig mit Bier nachspülen.

Als die drei Herren abends im Hinterzimmer der Kneipe saßen und Halma spielten, war für alle der Stress des Tages vergessen und sie gossen sich einen hinter die Krawatte, die sie so eng gebunden hatten, dass sie keine Luft mehr bekamen und schließlich, ohne noch weiteres Aufsehen zu erregen, in diesem Hinterzimmer verschieden.
Der Wirt war ein Pragmatiker, sammelte die Gelbörsen der drei ein, fand noch einen Wahlzettel des Hausmeisters, mauerte die Türe zu und verließ das Etablissment, um mit einer extra für ihn angefertigten unsichtbaren Zaubertinte an einem geheimgehaltenen Ort seine Memoiren zu verfassen.
Irgendwie fühlte er, dass er es tun müsse und fast schien es, als hätte er eine Mission. Diesen Gedanken verwarf er aber ganz schnell wieder, weil er schon öfter gesehen hatte, wohin so etwas führen kann und las stattdessen das Telefonbuch. Er liebte Bücher, in denen viele Leute vorkamen.

© 2007 h. feihn