04 Januar 2007

heinrich böll und die cia

Könnte es sein, dass es doch um etwas anderes geht, als um Aufklärung und Offenheit? Bei den Recherchen über Heinrich Böll, der mich nicht erst interessiert, seit es um ihn und den CIA geht, stoße ich auf interessante Fakten. Und immer mehr komme ich zu der Überzeugung, dass es sich bei den Kollegen der Webseite "german foreign policy" um Zeítgenossen handelt, die den Zusammenbruch des sowjetischen Reiches noch nicht so richtig verwunden haben. Die krampfhaften Versuche, Beweise für die These zu finden, die Welt sei voll von Spionen und Organisationen zur Unterdrückung der Menschheit unter Zuhilfenahme des Kapitalismus, entbehren nicht einer gewissen Komik. Da wird eine Ansammlung von alten Herren, die sich nach ihrer Pensionierung die Zeit in einer pseudojournalistischen, von allen staatlichen Stellen belächelten und als eher peinlich empfundenen Einrichtung namens IADM vertreiben, schon mal zu einer mächtigen, geheimdienstliche Fäden ziehenden Organisation hochstilisiert und jeder Deal eines international agierenden Unternehmens als Übernahme eines Drittwelt-Landes gebrandmarkt. Gäbe es Fotos der Redakteure dieser kuriosen Seite, sie hätten alle diesen verkniffenen Zug um den Mund, der denen eignet, die immer noch nicht gemerkt haben, dass Entwicklung etwas Zukünftiges und nicht etwas Vergangenes bezeichnet.
Immer mehr komme ich zu dem Ergebnis, dass diese Dinosaurier einer vergangenen Epoche sich immer noch für die Besseren halten. Von Aufbruch allerdings keine Spur, keine positiven Signale zur Veränderung trüben diese nach rückwärts gewandte und antik erscheinende Gemäldegalerie. Ne Jungs, da solltet ihr schon mal drüber nachdenken, irgendwie bringt das die Welt nicht weiter. Mich erinnert diese Form von Journalismus an einen kaputten Staubsauger, der vorne saugt und den Dreck hinten wieder rausbläst. Manchmal hilft es, den Beutel zu erneuern, manchmal ist es aber auch besser, den Staubsauger wegzuwerfen und einen neuen zu kaufen.
Zurück zu Heinrich Böll. Der hatte es doch tatsächlich gewagt, nicht nur bundesrepublikanische Zustände zu beschreiben, sondern auch Kritik an den damaligen Verhältnissen in der Sowjetunion zu üben. Er unterstützte Oppositionelle und Dissidenten. Sein Mitgefühl und sein Engagement galt Menschen, die für ein freieres Land kämpften und litten. Es galt Menschen, die Überwindung von Mauern und Grenzen in den Köpfen zu ihrem Lebensinhalt gemacht hatten. Die politisch und literarisch gegen Dummheit und Falschheit Stellung bezogen. Es galt Menschen, die über den Tag hinaus dachten, die Visionen hatten, die nicht in Ordnern und Dossiers abzuheften sind. So etwas ist gefährlich. Denken ist eben immer gefährlich und denkende Menschen sind unberechenbar für die Mächtigen und deren Mitläufer. Überall auf der Welt können wir davon ein Lied singen. Von Washington nach Kapstadt, von London nach Moskau, es ist überall dasselbe Lied. Und auch darüber hat Heinrich Böll geschrieben. Über Menschenrechte hat er geschrieben und darüber, was es ausmacht, ein Mensch zu sein. Das ist auch heute noch immer nicht einfach in einem Land wie unserem, das seine Vergangenheit nicht einfach abwerfen kann wie einen getragenen Mantel. Zu Recht, wie ich meine. Aber es braucht auch heute Mut, gegen jede Form von Borniertheit und Dummheit anzuschreiben. Die aber, die nach Schuldigen für ihre eigenen Versäumnisse suchen und Unrat wittern, wo keiner zu wittern ist, sollten sich an ihrer eigenen Nase aus dem von ihnen selbst erzeugten Dreck ziehen.