09 Oktober 2006

buchmesse am freitag. impressionen


Es ist irgendwie anders. Die Buchmesse ist ein immer wieder ein beeindruckendes Ereignis und trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, als ob sich etwas verändert hat. Es scheint ruhiger geworden zu sein. Nein, immer noch sind die Stände der großen Verlage dicht umlagert von Menschen. Die Großen halten Hof und zeigen ihre Muskeln. Dennoch ist die multimediale Präsenz einer ruhigeren Darstellung gewichen. Es scheint nicht mehr bunt um jeden Preis zu sein. Die schreienden Präsentationen des vergangenen Jahres sind verblichen, ist eine neue Seriosität eingekehrt? Vielleicht hat es etwas mit Hape Kerkeling zu tun? "Guck mal Mama", ruft die ca. 17-jährige Tochter, "da ist er". "ich seh nix" ist die lakonische Antwort. Und so sieht es dann überall aus, wo ein halbwegs prominenter Gast am Stand eine Lesung hält oder ein Interview gibt. Ungefähr 20 Mal habe ich in den letzten Tagen gehört, wie Kerkeling sich auf die Suche nach Gott begeben hat. Eigentlich nichts Besonderes. Herr und Frau Schmidt aus unserem Dorf haben auch den ganzen Jakobsweg abgeschritten und zwar von zu Hause aus.
Mir fällt auf, es klingelt nicht mehr an jeder Ecke, auf jeder Rolltreppe und auf der Via Mobile. Ist man nicht mehr so wichtig? Fast scheint es so. Das Hörbuch boomt, es ist zu merken, dort ist viel Betrieb. Ich sollte ich mir auch einmal eines zulegen. Ärgerlich ist eigentlich nur, dass sich mit Hörbüchern keine Blumen pressen lassen und Lesezeichen braucht man auch nicht mehr. Schade irgendwie.
Auch der Herr Köhler, war da. Abgeschirmt von Bodyguards machte er seinen Besuch. "Plötzlich stand ein Schrank vor mir, da ging es nicht mehr weiter", erzählt mir einer, der ihn gesehen hat. Mit Schrank meinte er natürlich den Leibwächter.
In Halle 8, da wo auch die amerikanischen Verlage ihre Stände haben, wird ordentlich kontrolliert. Der nette Kontrolleur zuckt die Schultern, "was will ich machen?" und: "tut mir leid". Sonstige Sicherheitsvorkehrungen? Hier und da zwei Polizisten, eher gelangweilt. Es passiert ja doch nichts. Beim Vorwärts, der alten SPD-Tante, lümmeln sich Alt-68er auf Sitzklötzen und warten auf.... Ja auf wen eigentlich. Hab ich doch glatt vergessen. Durchschnittsalter ca. 65. Zwischendurch ein Besuch beim Dampfradio, einer Zeitschrift mit umfangreichen Informationen über das Radioprogramm in Deutschland. . Lesenswert. Ich beschließe, einmal einen Bericht auf Themen der Zeit über diese Zeitschrift zu machen. Der bärtige Chef zeigt mir ein Bild seines neuen Verlagsgebäudes, ein bisschen wie das erste Goetheanum, sagt er stolz und dann: "Wie kann man nur in Beton bauen!" Leider will er mir das Bild nicht geben, so mache ich ein Foto. Hoffentlich ist es was geworden. Weiter geht es vorbei an den Boxen der kleineren Verlage, obligatorisch ein Besuch bei Herrn Schardt aus Oldenburg, früher Igel-Verlag in Paderborn. Ein kurzer Händedruck, man kennt sich, ein paar Worte und weiter gehts.
Da wieder ein Gespräch vor Publikum. Ein Stadtschreiber aus Trier, ein Inder. Indien ist Ehrengast bei dieser Buchmesse. Die Zuschauer sind alle zwischen 16 und 18, Schüler von Gymnasien. Heimspiel. Trier gegen Trier? Es klingt belehrend, langweilig, zwei Schülerinnen wiederholen immer das erste Wort des Vortragenden und kichern dabei, immer ist das erste Wort zu laut und überbetont. Kurz bevor ich im Stehen einschlafe, gehe ich weiter. In der Halle der Inder ruhiges Treiben auch hier ein Gespräch unter Freunden vor Publikum, aber es sind nicht viele, die sich dafür interessieren. Zu groß scheint das Angebot auf dieser Messe zu sein. Ausverkauft, hat die Messeleitung verkündet. Jeder Zentimeter. Trozdem, und das ist angenehm, viel Freiraum, mir erschien es auch schon einmal enger auf der Buchmesse.
Bei Chrismon, der evangelischen Zeitschrift, die als Verlagsbeilage zur Süddeutschen und Zeit daherkommt, ist man jetzt auch unter die Buchverleger gegangen, erscheinen wird ein Bildband über Kirchen, die im 20. jahrhundert gebaut worden sind. Sehr modern, die Bilder gefallen mir. Werden neue Formen neue Formen nach sich ziehen?
Auch die Kultur-Kreativen haben wieder einen Gemeinschaftsstand, schade, ich hätte gern jemand von der Info3 getroffen und ein bisschen über die Weihnachtsspiele geplaudert.
Was machen die Anthros? Steiner Verlag, Freies Geistesleben, Urachhaus. Alle in Halle 3. Religiöses und Spiritualität. Auch die Firma Archiati ist vertreten, aber ich werde bei denen das Gefühl nicht los, in einer Missionsstation gelandet zu sein. Ansonsten freundliche Atmosphäre und Zurückhaltung. Ein nettes Gespräch bei Freies Geistesleben. Offenheit, trotzdem: "die Zeiten sind nicht rosig". Geplänkel beim Steiner-Verlag, Michael Bader und Max Michels im verbalen Schlagabtausch, es darf schließlich auch mal gelacht werden. Bei Patmos gegenüber etwas irritierte Blicke. Naja, es ist auch schon kurz vor Ende dieses Messetages, so langsam kehrt Ruhe ein, hier und da ein Gläschen Sekt, ein Wein, ein Bier. Es entspannt sich. Es scheint die Ruhe vor dem Sturm zu sein, denn am Samstag und am Sonntag ist auch für den "Nicht-Fachbesucher" geöffnet.
Später werde ich lesen, das es 254 Besucher weniger als am Freitag der letzten Buchmesse gewesen sind. Ich wusste doch, dass sich etwas verändert hat.

1 Comments:

Anonymous Anonym said...

hey semi
nett der bericht, so bekommt man ein bild
danke
barbara

10 Oktober, 2006 18:59  

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