22 Juli 2006

gewohnheit

Wir haben uns an die Berichte über die Kriegshandlungen, das Töten von Menschen gewöhnt. Schnell wieder zur Tagesordnung, damit das Leben weitergehen kann. Hin und wieder wird dieses Verhalten jäh gestört, nämlich dann, wenn es um die Katastrophen geht. So richtige Katastrophen toppen alles. Leider sind die nachfolgenden nicht mehr so interessant und so widmen wir uns doch wieder der Tagesordnung. Das Leben muss ja auch weitergehen. Doch, das muss es. Wer diese Zeilen als Zynismus abtut, der mag sich fragen, was er damit zu tun hat. Wahrnehmbare Realität ist immer Zynismus. Kann eigentlich nicht sein. Aber die Realität (und damit meine ich wahrnehmbare Fakten, Berichte in den Medien und persönliche Inaugenscheinnahme) ist anders als Kabarett, anders als Comedy, wo wir für einen schnellen Lacher auch mal auf die politische Korrektheit verzichten. War ja nicht so gemeint. Wenn wir die Augen nach dem Lachanfall wieder öffnen, ist die Welt wieder wie vorher. In jedem Moment des Lebens müssen wir entscheiden. Richtig oder Falsch? Wo ist die Richtschnur? Die Einen halten sich an die Autoritäten. Die anderen: "haben wir immer so gemacht". Wieder andere fallen in Löcher, die auch wieder andere für sie gegraben haben. Dort strampeln sie eine Weile herum und versuchen einen Aufstieg an den steilen Wänden. Meist vergebens. Natürlich gibt es auch die Aufgeklärten, die die alles schon wissen und eigentlich auch schon immer gewusst haben. Manchmal nennt man diese Spezies Anthroposophen. Sie haben die Welt im Griff, in ihrer Hand. Denn sie sind die Angekommenen, die vollendete Schöpfung, das Eins und Alles. Sehen Sie, jetzt sind sie auch darauf reingefallen. Ihre Gedanken kehren sich um. Was will der Kerl eigentlich, soll nicht immer so rumnörgeln. Dann gehen sie doch einfach einen Schritt zurück und lesen sie den Satz einfach noch einmal. Besser noch, sie lesen überhaupt nicht mehr, sondern tun einfach was. Nachdenken zum Beispiel.