20 Mai 2007

nachrichten aus der provinz

In letzter Zeit frage ich mich des öfteren, ob meine Beschäftigung mit Rudolf Steiner vielleicht eine Sackgasse sein könnte. Immerhin kenne ich den Kerl jetzt schon fast 30 Jahre und doch muss ich feststellen, dass ein Ergebnis meiner Beschäftigung mit Steiner ist, dass ich fast nie mehr an ihn denke. Womit, so frage ich mich also, hängt so etwas zusammen? Sollte ich mich besser neuen Ufern zuwenden?
Was ist mit Ken Wilber und Andrew Cohen? Diese Herren scheinen mir die neuen Lichtgestalten am Horizont der spirituellen Himmelswiese zu werden, dagegen ist doch Rudolf Steiner ein Waisenknabe. Alle Welt spricht von denen und sogar die, die ich immer für besonders interessiert am Werk Steiners gehalten habe, sind plötzlich reinweg aus dem Häuschen.
Da kann man sich doch schon einmal selbstkritisch fragen, ob man noch auf dem richtigen Dampfer sitzt. So kräftig tuten tut der Dampfer ja nicht mehr, von allen Seiten klatschen die Wellen an die Bordwände und das Ding gerät zuweilen "ganz schön am Schlingern", wie es der Westfale oder der Ruhrgebietskumpel aus Bochum ausdrücken würde. Andererseits ist so eine Seefahrt nicht nur lustig und je nach Reiseziel auch ungeheuer spannend; deshalb springt man ja auch nicht mal eben so einfach über Bord.
Klar, wenn man sich sowieso schon in der Mündung befindet, kommt es nicht mehr darauf an, ob man auf einem Dampfer sitzt oder ob einem das Wasser schon bis zur Halskrause steht. Aber nun glaube ich nicht so recht an die Mündungstheorie, also an die Theorie, dass ich schon da bin, wie der Igel, der dem Hasen immer ein Stück voraus ist, sondern ich glaube ganz im Gegenteil, dass der Dampfer immer der Quelle entgegenschippert. Ersatzweise können Sie ja den Dampfer durch ein Ruderboot ersetzen, falls Ihnen die Dampfermaschine nicht so richtig in den anthroposophischen Kram passt.
Die Ruderbootvariante hätte außerdem den Vorteil, dass Ihnen bewusst wird, dass Sie selber etwas tun müssen, um voran zu kommen, während Sie bei der Dampferfahrt ja nur die Fahrkarte lösen müssen, die Sie allerdings bezahlen müssen. Und mit dem Geld ist das so eine Sache, es fällt nicht vom Himmel (noch nicht).
Kurz gesagt, ich muss auch zum Schluss zum Schluss kommen, so ganz einfach scheint die Entscheidung nicht zu sein. Wie der Igel kann ich es jedenfalls nicht machen, ich wäre zwar immer schon angekommen aber es wäre doch nur eine Illusion. Ich müsste ja zwei sein. Und wer will das schon?