01 August 2006

ist die welt so?

So ist die Welt.
1962, es war gerade der Krisenstab über Kuba gebrochen, kam sein Vater mit einem Seesack nach Hause. Das war eine Alarmausrüstung und die Kinder staunten über die tollen Sachen, die da drin waren. Sein Vater war nämlich Soldat, müsst ihr wissen. 1968 kam er dann selbst mit einem Seesack nach Hause, weil sie das Zeug immer bei sich haben mussten, denn es war 1968. Da war der Sohn nämlich auch Soldat. Ein Wehrpflichtiger. Sah zwar aus wie ein Postbote in seiner schmucken Uniform, aber schließlich brauchten die einen Killer und keinen Dressman. Und es hieß wachsam sein. Schon wegen Prag und überhaupt. Einmal hat er einen schrecklichen Unfall erlebt, da purzelten mitten im Frieden bei einer Übung aus einer Panzerhaubitze drei oder vier Soldaten heraus, weil das Ding sozusagen nach hinten losgegangen war. Zwei oder drei Kameraden waren wenige Minuten später tot. Danach wollte er kein Soldat mehr sein. Der Kompaniefeldwebel fand ein Paar Tage danach in der Kaserne die richtigen Worte: "Wo gehobelt wird, das fallen eben auch Späne", und "Soldat sein ist eben kein Zuckerlecken". Oder so ähnlich. Da wollte er erst recht kein Soldat mehr sein. Zuckerlecken fand er dann doch angenehmer. Aber das war natürlich nicht der Hauptgrund.

Herr Geißler sagte 1983 in einer Bundestagsdebatte, der Pazifismus der 30er Jahre habe Auschwitz erst möglich gemacht. Selbst Frau Hamm-Brücher, die nach seiner Meinung Liberalste unter den damaligen Liberalen war "not amused", wie man heute sagen würde. Das fand er nicht komisch und er ist sich heute auch nicht ganz sicher, ob der gute Herr Geißler das nochmal so sagen würde.

Kurz danach verweigerte ihm die erste Instanz ihm die Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer. Er sei doch so ein guter Soldat gewesen, sagte der "Vorsitzende" ältere adlige Herr, dem die Empörung über diese Anmaßung ins Gesicht geschrieben stand. Der etwas jüngere ältere Herr Vorsitzende der zweiten Verhandlung fand ihn trotz des "Soldaten sind potentielle Mörder" Spruchs ganz nett und traute ihm tatsächlich ein pazifistisches Gewissen zu. Einen Kriegsdienstverweigerer mit Anzug und Krawatte und auch noch geputzten Schuhen fand er wohl irgendwie cool. So ist die Welt.

Der Rechtsanwalt Heinrich Hannover sagte 2003:
"..Wer gegenüber Pazifisten mit historischen Beispielen Recht behalten will, steigt an einer Stelle in die Geschichtsbetrachtung ein, wo es für friedliche Lösungen zu spät war. Ein Diskussionsmuster, das mir aus einigen tausend Verfahren zur Anerkennung von Kriegsdienstverweigerern hinreichend bekannt ist. Man lässt die Geschichte mit der Situation beginnen, die von den Kriegswilligen gegen den jahrelangen Widerspruch von Pazifisten herbeigeführt worden ist und fragt dann: was hättet ihr jetzt getan? Aber man weigert sich, die Frage zu beantworten, was zu der Zeit gedacht, gesagt und getan worden ist, als es noch nicht zu spät gewesen wäre, Hitlers Amoklauf ohne Krieg zu stoppen. So hätte 1936, als Hitler daran interessiert war, die Völker der Welt zu den Olympischen Spielen in Berlin zu begrüßen, noch diplomatischer Druck genügt, um ihn zur Anerkennung internationalen Rechts zu zwingen. Später hätte es allerdings der Androhung internationaler Militärgewalt bedurft, um Hitler von weiteren Rechtsbrüchen abzuschrecken (..) Wir hören, Auschwitz sei nicht von Pazifisten, sondern von Soldaten befreit worden.(..) Auch Auschwitz wurde erst befreit, als es für Millionen Menschen zu spät war. Nur eine konsequentere internationale Anti-Hitler-Koalition schon zu Friedenszeiten und eine menschlichere Haltung gegenüber Flüchtlingen und Asylsuchenden hätte sie vor Entrechtung, Freiheitsberaubung und Vernichtung schützen können. Das, und nicht voreilige Kriegsbereitschaft, ist aus der Geschichte zu lernen."

Dieser Ansicht kann ich mich gut anschließen. Mehr noch, ich kann sie selber denken. Wie ich auch, jedenfalls, wenn vielleicht in einem unvollkommenen Anfangsstadium, die Philosophie der Freiheit damit in Einklang bringen kann. Ich bleibe also dabei. Krieg ist kein Mittel, um Frieden zu schaffen.
Ist so die Welt? Du meinst etwas anderes? Bitte!

1 Comments:

Anonymous Anonym said...

ja, so ist es

gruß, tck

04 August, 2006 22:50  

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