02 Oktober 2007

back to the roots?

Auf seiner Webseite schreibt der grüne Abgeordnete Hans-Christian Ströbele zur Debatte um die Position der Grünen zu Afghanistan:
"Bei den nächsten Wahlen werden die Friedenspolitik, der Krieg in Afghanistan, die Haltung der Parteien und Meinung der Bevölkerung dazu eine erhebliche Rolle spielen. Zu Recht befassen sich Die Grünen so intensiv wie keine andere Partei mit diesem Thema. Sie tragen die notwendige Diskussion und Kontroverse wieder einmal stellvertretend für die Gesellschaft öffentlich aus."

Die Grünen von allen guten Geistern verlassen? Zumindest, wenn man die Kommentare zu der Entscheidung des Grünen-Parteitages aufmerksam liest. Nun, auch das ist Demokratie. Eine Meinung zu haben und diese dann auch zu vertreten, scheint mir nicht unbedingt das schlechteste. Offensichtlich gibt es bei den Grünen einen nicht gerade klein zu nennenden Anteil von Menschen, der sich gerade nicht mit der sich ständig nach oben schraubende Spirale von Gewalt zufrieden geben will.
Das, was zu Beginn der neunziger Jahre von vielen befürchtet worden war, dass nämlich Deutschland durch die Einheit zu einem neuen Staat werden würde, ist nämlich spätestens seit der Entscheidung, die Bundeswehr zu Auslandseinsätzen zu entsenden, bittere Wahrheit geworden. "Frieden schaffen mit immer weniger Waffen", hatte dereinst ein Kanzler gesagt. Geglaubt hatte es ohnehin niemand, aber die Zahlen der bundesdeutschen Rüstungsexportwirtschaft sprechen nicht erst seit dieser Zeit eine andere Sprache. Es ist die Sprache der Gewalt. Dass auch die Grünen diese Sprache mitgesprochen haben, liegt an der Tatsache, dass eine Verweigerung den unmittelbaren Ausschluss aus jedweder Regierungsverantwortung nach sich gezogen hätte. Leicht hat man es sich nicht gemacht, wir erinnern uns.
Kritik an dieser Sprache aber ist nicht parteigebunden. Es ist eine Kritik, die sich durch alle Bevölkerungsschichten und auch durch alle Parteien zieht, ob die jeweils Regierenden es wahrhaben wollen oder nicht. Vielerlei Gründe sind ausschlaggebend dafür, dass sich diese Kritik noch nicht deutlich artikuliert. Einer davon ist das immer wieder beschworene Mantra vom steigenden Wohlstand und vom "never ending" Aufschwung. Da kommt so ein Veto nicht gelegen. Man möchte sich in der Euphorie vom ewigen Wirtschaftswachstum nicht stören lassen.
Die Klima-Katastrophe und ein immer deutlicher zutage tretendes Gefälle zwischen Arm und Reich weisen aber längst in aller Klarheit auf einen überfälligen Wandel hin. Zunutze machen sich diese Einsichten diejenigen, die mit dem Hinweis auf den Kampf gegen den Terrorismus, der allerdings nicht zwingend unbegründet ist, und der Angst der Menschen vor Veränderungen ihr trübes Süpplein kochen.
Und - die Sorge scheint berechtigt - demokratischer Konsens wird unter dem Deckmäntelchen: "man wird doch wohl mal sagen - fragen - bemerken dürfen..." langsam einem neuen Geist, einem rechtskonservativen Geist, geopfert. Dazu kommt noch eine Scheinliberalität, die mit einem Freiheitsbegriff operiert, der überwiegend durch Wirtschaftsinteressen definiert wird.
Politisch denkende Menschen, die sich dem entgegenstellen, wie jetzt etliche Grüne, gelten als "rückwärtsgewandt" und "von gestern". Manchmal allerdings, so meine ich, wäre es gut, sich an vorgestern zu erinnern. Wie war das noch mit des Kanzlers "weisheitsvollem" Satz: "Frieden schaffen mit immer weniger Waffen"? Kann man ja auch mal fragen.